In der Klubkultur ist es der Mensch, welcher «abgestempelt» wird. Was andernorts als Degradierung empfunden würde – man denke an einen Opernball oder Kinobesuch – scheint in der elektronischen Musikszene keine Probleme zu bereiten. Der Stempel verbindet nämlich das Publikum. Er ist von der Klubleitung verordnet und stiftet eine Nacht lang die Identität im kleinen Klubstaat. Verlässt man den Staat und will wieder rein, so dient der Stempel als Ausweis. Das verstärkt sich durch die unsichtbaren Farben, die nur im UV-Licht des Eingangsbereichs sichtbar werden. Hier schwingt der Reiz einer geheimen Gruppierung mit – ein Hauch Opus Dei. Neben das sinnliche Sehen tritt das geistige Wissen um die gemeinsame Identität.
Angesichts der dunklen und oft kahlen Tanzkeller könnten Pädagogen zum Schluss kommen, dass junge Menschen sich freiwillig abstempeln und einkerkern lassen. Verbunden mit der Vorstellung einer kalten, kapitalistischen und kreativ verarmten Welt, liesse sich dann ein wunderbar pessimistisches Szenario einer verwahrlosten Jugend basteln. Wer solcherlei phantasiert, hat die Rechnung aber ohne die Musik gemacht. Denn wo logistisch gesehen die Freiheit eingeschränkt ist, eröffnet die Musik grenzenlose Räume. Das An- und Abrollen der Bässe vermittelt eine schier unendliche Klangfläche, in der unsere Ohren kilometerweit mithorchen.
Mit der Musik entsteht und mit dem Ausklingen vergeht der Klub. Also alles Schall und Rauch…? Nein. Der Stempelabdruck ist das, was von langen Klubnächten bleibt.